Prof. Dr. Martin Hahn (1865-1934) war von März 1932 bis 1934 Mitglied des RC Berlin.

Hahn stammte aus einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie. Hatte sein Vater zunächst einen kleinen Kolonialwarenladen betrieben, so baute er später in Russland ein international agierendes Unternehmen mit Röhrenwalzwerk und Kunstwollhandel auf. Sein Sohn studierte nach dem Abitur ab 1884 Medizin in Heidelberg, München, Berlin und Freiburg. Während seines Studiums trat er spätestens 1885/86 zum evangelischen Glauben über. Nach der Promotion (1889) wurde er Assistent von Robert Koch an dem vier Jahre zuvor gegründeten Hygiene-Institut an der Universität Berlin; sein Interesse galt der damals noch neuen bakteriologischen Forschung. Weitere Stationen führten ihn nach Bern und St. Petersburg, wo er sich an der Bekämpfung einer Choleraepidemie beteiligte. 1893 kehrte Hahn nach Deutschland zurück und widmete sich in staatlichem Auftrag der Bekämpfung der 1892 in Hamburg ausgebrochenen Cholera. Er arbeitete in Stettin, Berlin, Halle und München, wo er sich 1895 habilitierte und 1901 zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. Von dort aus unternahm er auch Studienreisen nach Indien, Russland und Deutsch-Ostafrika.

1911 nahm Hahn einen Ruf an die Universität Königsberg und schon ein Jahr später an die Universität Freiburg an. Zum Kriegsdienst meldete er sich freiwillig, war als Hygieniker an der West- und Ostfront eingesetzt und insbesondere mit der Impfung der Truppen gegen Typhus, Cholera und Ruhr beschäftigt. 1922 folgte er dem Ruf an die Universität Berlin und zum Leiter des von Robert Koch gegründeten Hygiene-Instituts. Hahn übernahm zahlreiche staatliche, universitäre und wissenschafts- bzw. forschungsbezogene Ehrenämter, verstand seine Arbeit als unpolitisch, blieb parteilos und stand möglicherweise aufgrund seines ausgeprägten sozialen Bewusstseins, seines Engagements für Sozial-, Gewerbe- und Hygienefragen der Sozialdemokratie nahe. Aufgrund seiner hohen Reputation lag es nahe, dass er Anfang 1932 eingeladen wurde, Mitglied des RC Berlin zu werden.

Aufgrund seines jüdischen Hintergrundes, auch weil er bereits in den 1920er Jahren klare Stellung gegen jede Art von „Rassehygiene“ und „völkischer Auslese“ bezogen hatte, geriet er nach der „Machtergreifung“ zunehmend unter nationalsozialistischen Druck. Das Hissen der Hakenkreuzfahne auf seinem Institut am 9. März hatte er hinnehmen müssen, aber zwei Wochen später wurde er von einem seiner Assistenten, der NSDAP-Mitglied war, wegen angeblicher Missstände im Institut denunziert. Daraufhin beantragte Hahn selbst am 25. April seine Beurlaubung bis zur im Oktober anstehenden Emeritierung, womit er seiner zwangsweisen Emeritierung zuvorkam; zugleich legte er sämtliche Ehrenämter nieder. Seine Bitte gegenüber dem Dekan, seine „nichtarischen“ Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, wurde nicht entsprochen. Er musste den RC wohl verlassen, obwohl er im Mitgliederverzeichnis 1934/35 noch genannt wird – jedoch ohne Berufsangabe. Ein Jahr nach seiner Emeritierung verstarb er „nach kurzer schwerer Krankheit“. In seinem Testament hatte er festgelegt, dass seine mehrtausendbändige Privatbibliothek nicht in Nazideutschland blieb, sondern an die neu errichtete Universität Istanbul ging.

© empfohlene Zitierweise: Hermann Schäfer, „Martin Hahn“, in: Rotary unter dem Nationalsozialismus. Digitales Gedenkbuch diskriminierter Rotarier [Onlinefassung Stand April 2022]; URL: https://memorial-rotary.de/members/660

Dr . ord., Prof., Geh. Hofrat Martin Hahn