Wilhelm Julius Valentin (1876-1936) wurde im Mai 1931 Mitglied des RC Berlin und blieb es bis 1933.

Wilhelm Julius Valentin (1876-1936) wurde im Mai 1931 Mitglied des RC Berlin und blieb es bis 1933. Valentin stammte aus der deutsch-jüdischen Familie des Industriellen Julius Valentin (1840-1921), der zunächst Mitte der 1860er Jahre gemeinsam mit seinem Schulfreund, dem Ingenieur Emil Rathenau, eine kleine Maschinenfabrik kaufte und führte; das Unternehmen wurde nach der Gründerkrise 1873 aufgegeben. 1897 erwarb Valentin das Röhrenhandelsgeschäft H. Rosenthal und baute es aus, mit dem Hauptsitz und einer Fabrikation in Berlin und Handelsniederlassungen in Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt. Er konvertierte mit seiner Familie 1893 zum Christentum und war ein angesehenes Mitglied der Berliner Gesellschaft, seit den 1890er Jahren engagiert als ehrenamtlicher Handelsrichter, seit 1903 Kommerzienrat.

Sein Sohn Wilhelm Julius besuchte 1902 gemeinsam mit seinem Bruder Martin (1869-1932) mehrere Monate die USA und auch Kanada. Er heiratete 1908 Margarete Marx, eine Nichtjüdin, die Tochter des Generaldirektors der Bismarckhütte, das Paar hatte vier Kinder (Anna, Konrad, Eberhard und Ruprecht). 1912 trat er in das Unternehmen seines Vaters ein, während sein Bruder Martin eine Verwaltungslaufbahn einschlug und Regierungsrat in Düsseldorf wurde; ihre Schwester, Antonia (1871-1936) war mit einem Nachfahren des Komponisten Carl Friedrich Zelter verheiratet.

Wilhelm Julius veranlasste 1920, ein Jahr vor dem Tode seines Vaters, die Änderung des Unternehmensnamens „Valentin Röhren und Eisen GmbH“ und führte die Firma im Sinne seines Vaters weiter. Darüber hinaus engagierte er sich in den Aufsichtsräten weiterer Unternehmen und wurde 1930 Honorarkonsul von Jugoslawien. 1931 wurde er eingeladen, Mitglied des RC Berlin zu werden. Das Unternehmen geriet anscheinend in der Weltwirtschaftskrise in Schwierigkeiten, die Familie zusätzlich seit der „Machtergreifung“ aufgrund ihrer jüdischen Abstammung. Es gab Steuerprüfungen, zwei aufoktroyierte Geschäftsführer, Entlassungen, in diesem Zusammenhang den Selbstmord eines langjährigen, verdienten Direktors, Verleumdungen gegen Valentin, der zudem unter einer Weltkriegsverletzung litt. Erholungsuchend aber wohl auch schutzsuchend reiste er im April 1933 in die Schweiz und kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück. 1934 wurde ihm sein Amt als Generalkonsul aberkannt, Reichsfluchtsteuer wurde fällig, Geldsorgen wuchsen. 1935 starb Valentin im Alter von nur 59 Jahren „als alter gebrochener Mann“ (Hope, S. 124). Seine Ehefrau reiste mit seiner Urne nach Berlin, um sie auf dem Luisenfriedhof beisetzen zu lassen.

Valentins Kinder galten als „jüdische Mischlinge, sodass die Söhne Eberhard und Ruprecht sich nach England und Konrad in den USA in Sicherheit brachten. Der Tochter Anne und ihrer Mutter gelang es anscheinend auf mehreren Reisen noch, wenige Besitztümer aus Berlin in die Schweiz zu bringen, bevor sie 1936 miteinander nach Südafrika emigrierten; dort verdiente sie ihren Lebensunterhalt durch das Nähen von Gardinen. Formulierungen der deutschen Behörden in einem Wiedergutmachungsverfahren der 1950er Jahre musste die Familie als „eine Kränkung, eine Schmähung sondergleichen“ empfinden (Hope, S. 292)

Die wenigen Informationen über Leben und Schicksal Valentins sind dem familienhistorischen Interesse seines Urenkels mütterlicherseits zu verdanken, dem weltbekannten Violinisten Daniel Hope.

© empfohlene Zitierweise: Hermann Schäfer, „Wilhelm Julius Valentin“, in: Rotary unter dem Nationalsozialismus. Digitales Gedenkbuch diskriminierter Rotarier [Onlinefassung Stand Mai 2022]; URL: https://memorial-rotary.de/members/638