Hanns Hartmann (1901-1972) war von Mai 1931 bis 1933 Mitglied des RC Chemnitz.

Als Sohn eines Schlossers absolvierte Hartmann eine beeindruckende Berufsausbildung: Neben der Oberrealschule, die er mit der Primarreife abschloss, machte er eine Schauspielausbildung sowie eine kaufmännische Lehre. Er wurde mit 24 Jahren am Stadttheater Hagen der jüngste Intendant Deutschlands und ging 1930 als Intendant an das Städtische Theater nach Chemnitz. Dieses Amt trat er unter Oberbürgermeister Walter Arlart (siehe dessen Biografie) in der schwierigen Zeit der Weltwirtschaftskrise an, als Nachfolger des Generalintendanten und Schauspielers Richard Tauber. Dieser war inzwischen im Pensionsalter und zurückgetreten, weil er als getaufter Jude zunehmend antisemitisch angegriffen worden war.

Nach der „Machtergreifung“ wurde auch Hartmann von den Nationalsozialisten angegriffen: Wegen anti-nationalsozialistischen Äußerungen, wegen angeblich „jüdisch-marxistischer“ Programmgestaltung, wegen seines jüdisch-stämmigen Oberspielleiters Heinz Wolfgang Litten, sowie dessen Inszenierungen und – nicht zuletzt - auch wegen seiner jüdischen Ehefrau. Hartmann war seit 1927 mit der aus einer deutsch-jüdischen Familie stammenden Opernsängerin und Schauspielerin Ottilie Schwarzkopf (1885 – 1966) verheiratet. Am 9. März wurde er als Intendant beurlaubt und Ende Mai 1933 entlassen. Bereits im Jahr nach seinem Amtsantritt war er mit gerade 30 Jahren das bei weitem jüngste Mitglied des RC Chemnitz geworden; es liegt nahe, dass Oberbürgermeister Arlart ihn vorschlug. Mit dem Verlust des Berufes verlor Hartmann seine rotarische Klassifikation und musste, wie Arlart, aus dem Club ausscheiden.

Hartmann zog mit seiner Frau nach Berlin um, 1934 stand er dort auf der Bühne, bis er Auftrittsverbot erhielt. 1935 übernahm er für kurze Zeit die Vertrauensstellung des persönlichen Sekretärs eines jüdischen Großindustriellen im damals österreichischen Aussig/Böhmen (heute: Ústi nad Ladem/Tschechien). In den folgenden Jahren arbeitete er als Geschäftsführer des Musikverlags Edition Meisel & Co. in Berlin, der Will Meisel gehörte, einem Unterhaltungskomponisten, der mit der Sängerin Eliza Illiard verheiratet war und im Mai 1933 Mitglied der NSDAP geworden war.

Hartmann stand weiter zu seiner Frau, mit der er sich ab Herbst 1944 im Gartenhaus des deutsch-britischen Prominentenarztes Alfred John Alexander in Groß Glienicke versteckte. Dieser war Präsident der Ärztekammer in Berlin, selbst jüdischer Abstammung und nach 1936 von einer Reise nach London nicht nach Deutschland zurückgekehrt, weil er auf einer Verhaftungsliste der Gestapo stand. Das Alexander-Haus steht seit 2014 unter Denkmalschutz.

Nach Kriegsende wurde Hartmann im November 1945 Intendant des Metropoltheaters in Ost-Berlin und Vorsitzender der Entnazifizierungskommission für Kulturschaffende in Berlin. Im Oktober 1946 floh er mit seiner Frau unter falschem Namen nach Westdeutschland. Zunächst war er stellvertretender Leiter der NWDR-Rundfunkschule in Hamburg und ab September 1947 Intendant des NWDR-Funkhauses Köln, seit 1956 Intendant des nun selbstständigen WDR (bis 1960). Er gilt als „Vater des Kölner Rundfunks“, dessen neues Funkhaus er 1952 eröffnete. In seine Amtszeit fielen die Einführung des Fernsehens – dem er eher skeptisch gegenüberstand – und journalistisch richtungweisende Personalentscheidungen.

© empfohlene Zitierweise: Hermann Schäfer / Oliver Werner, „Hanns Hartmann“, in: Rotary unter dem Nationalsozialismus. Digitales Gedenkbuch diskriminierter Rotarier [Onlinefassung Stand Juli 2021]; URL: https://memorial-rotary.de/members/616