Walter Sobernheim (1869-1945) war von 1930 bis 1933 Mitglied des RC Berlin.

Sobernheim stammte aus einer deutsch-jüdischen Bankiersfamilie. Nach dem Tod seines Vaters Adolf (1840-1880) heiratete seine Mutter Anna den Bankier Eugen Landau (1852-1935), der damit zu Walter Sobernheims Stiefvater wurde. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Bonn, München, Berlin und Göttingen wurde Sobernheim 1895 promoviert und arbeitete anschließend in verschiedenen Bankhäusern als Volontär, bevor er neben seinem Stiefvater Miteigentümer des Bankhauses Jacob Landau Nachfolger in Breslau wurde.

Nach einem zweijährigen Studium der Wirtschaftswissenschaften in den USA kehrte Sobernheim nach Deutschland zurück und zog nach Berlin, wo er 1903 Generaldirektor der Actien-Brauerei-Gesellschaft Friedrichshöhe vorm. Patzenhofer wurde, die 1920 mit der Schultheiss-Brauerei fusionierte. In dieser Funktion war er volle drei Jahrzehnte maßgeblich verantwortlich für die Expansion des Unternehmens zu einer der größten deutschen Brauereien. Walter Sobernheim heiratete Mitte der 1890er Jahre Gertrud, geb. Schottländer (1875-1939), mit der er drei Kinder hatte. 1912 erwarb die Familie ein Grundstück auf der Wannseeinsel Schwanenwerder, wo sie sich vom Architekten Bruno Paul (1874-1968) eine 34 Zimmer umfassende Sommerresidenz, die Villa Waltrud, errichten ließ.

Die Brauerei wuchs weiter – ab 1920 unter dem Namen Vereinigte Schultheiß-Patzenhofer Brauerei AG Berlin – und Sobernheim spekulierte mit Konzernstrukturen und riskanten Kapitalerweiterungen. Anfang der 1930er Jahre geriet er dabei in einen Finanzskandal, in dem er nur knapp einer Gefängnisstrafe entging. Sein Kooperationspartner, der Brauereibesitzer Ludwig Katzenellenbogen (1877-1944), besaß bereits mit den Ostwerken einen zusammengekauften Mischkonzern, der ab 1926 etwa durch eine Zusammenlegung der Gewinne immer enger mit der Schultheiß-Patzenhofer Brauerei verknüpft wurde und schließlich im September 1930 fusionierte. Sobernheim und sein Stiefvater Eugen Landau waren an diesem Prozess aktiv beteiligt. Wann und in welchem Umfang ihnen dabei allerdings klar wurde, dass Katzenellenbogen die Bilanzen der Ostwerke vor allem mit hochspekulativen Börsengeschäften aufgewertet und ins Fiktive frisiert hatte, ist nicht gänzlich geklärt. Insbesondere die nachgewiesene Mitwissenschaft der beteiligten Banken unterstrich die wirtschaftliche Qualität des „Schultheiss-Skandals“, der schließlich mitten in der Weltwirtschafts- und verschärften Bankenkrise im Herbst 1931 öffentlich wurde und in einem raschen Prozess im März 1932 zur Verurteilung Katzenellenbogens führte.

Die wirtschaftskriminellen Handlungen waren für die nationalsozialistische Presse ein willkommener Anlass, der Familie Sobernheim mit dem antisemitischen Stereotyp „jüdischen Spekulantentums“ zusätzlich zu schaden. Nach der „Machtergreifung“ floh Walter Sobernheim mit seiner Familie zunächst nach Frankreich. Als Gertrud 1939 in Paris verstarb, gelang es Sobernheim, über Südamerika in die USA zu emigrieren, wo er seine letzten Lebensjahre in New York verbrachte und im Sommer 1945 im Alter von 76 Jahren starb.

Die Villa Waltrud auf Schwanenwerder hat noch ihre eigene Geschichte. Das große Grundstück wurde vom Schauspieler Gustav Fröhlich gekauft und geteilt, das Grundstück mit der Villa an Albert Nestler weiterveräußert, der die Villa an Albert Speer vermietete. Die zweite Hälfte wurde vom Unternehmer Max Baginski, dem Erfinder der „Spalt-Tablette“, erworben. In seiner Villa residierten nach dem Krieg die US-Amerikaner und bereiteten sich auf die Potsdamer Konferenz vor.

© empfohlene Zitierweise: Hermann Schäfer / Oliver Werner, „Walter Sobernheim“, in: Rotary unter dem Nationalsozialismus. Digitales Gedenkbuch diskriminierter Rotarier [Onlinefassung Stand Juli 2021]; URL: https://memorial-rotary.de/members/1040